Ein harmonischer Ruhrort-Meiderich-Abend

 

Geht das? Sehr wohl, wie eine gemeinsame Lesung von Autor Ralf Koss und der Geschichts- und Schreibwerkstatt „Hahnenfeder“ des Meidericher Bürgervereins von 1905 e.V. im Ruhrorter Kreativquartier „Das Plus am Neumarkt“ zeigte.

 

Lesung Ruhrort Feb 2023

Die gemeinsame Lesung des Autors Ralf Koss und der Geschichts- und Schreibwerkstatt "Hahnenfeder" des Meidericher Bürgervereins von 1905 e.V. im Ruhrorter Kreativquartier "Das Plus am Neumarkt" (Quelle: Hahnenfeder) 

 

Historisch betrachtet ließen die Ruhrorter und die Meidericher kaum eine Gelegenheit aus, sich gegenseitig zu zeigen, dass man sich eigentlich nicht mochte. Sorgten die Meidericher wieder einmal für Ärger auf der Ruhrorter Kirmes, wurden sie als „Meierksche (Streit-) Haanes“ beschimpft, während sich die Meidericher darüber lustig machten, dass die Ruhrorter „Tönnekesdrieter“ mit ihrem Abwassersystem nicht in die Pötte kamen und weiterhin das Tönnchen in der Hofecke für wichtige Geschäfte nutzten.

Dieser Streit ist eigentlich seit Jahrzehnten beigelegt und wird nur hin und wieder augenzwinkernd neu bemüht. Wie z. B. von den „Hahnenfedern“, die an diesem Abend durch Helmut Koopmann, Helmut „Clemens“ Willmeroth und Dieter Lesemann vertreten waren, wenn sie ihre Geschichten von „Damals in Meiderich“ erzählen. Natürlich darf man hinterfragen, wieso die Ruhrorter Firma Haniel jahrzehntelang einen stolzen Hahn als Galionsfigur auf ihren Binnenschiffen präsentierte. Ob die Meidericher „Wackelköpp“ den Ruhrortern aber tatsächlich immer die besten Frauen ausspannten …

Als Ruhrorter Stimme in diesem Kreis las Ralf Koss aus bislang unveröffentlichter Prosa und Lyrik. In einem Text über das eigene Schreiben ließ der Schriftsteller sein besonderes Verhältnis zum Hafenstadtteil erkennen. Dort verbrachte er seine ersten Lebensjahre. Seine Erinnerungen an Besuche bei der Kinderärztin Frau Doktor Salus oder an seinen Weg zu den Großeltern nach Meiderich machten nicht nur Sorgen eines Kindes der 1960er Jahre erfahrbar. Auch die äußere Wirklichkeit jener Zeit wurde im kindlichen Frauenbild und in dem Blick auf die verschmutzte Umwelt lebendig.

Zum Schluss gab es für alle noch eine gemeinsame Fahrt mit der „Kreis-Ruhrorter“-Straßenbahn, die schon vor mehr als 100 Jahren das verbindende Element zwischen den Stadtteilen war.

Vorleser und Zuhörerschaft waren sich einig: Das sollte wiederholt werden.